OLG Frankfurt a. M. , Urteil vom 28.06.2018 - 16 U 105/17. Hier: Fragwürdiger Sektenvorwurf gegen Medienproduktionsfirma!

Der Fall, wie ihn das Gericht in einer Pressemitteilung wiedergibt:
Der frühere Mitarbeiter einer im Bereich der Medienproduktion tätigen Firma, gründete ein eigenes Unternehmen im Bereich der Medienproduktion und äußerte in zahlreichen Presseveröffentlichungen, Medienauftritten und Berichten auf seiner Facebook-Seite, es handele sich bei einer bestimmten Gruppe um eine Sekte und deren Mitglieder stünden auch hinter seiner ehemaligen Firma.
Begründung
Im allgemeinen Sprachgebrauch würden zwar Sekten oft als religiöse Gruppen bezeichnet, die in irgendeiner Weise als gefährlich oder problematisch angesehen werden. Die Äußerung sei damit geeignet, das Unternehmen in den Augen der Rezipienten negativ zu qualifizieren. Da der ehemalige Mitarbeiter seine Aussagen auch gezielt gegenüber den Kunden der Klägerin verbreitet habe, auf deren Aufträge die Klägerin zur Ausübung ihres Geschäftsbetriebs angewiesen sei, habe sein Verhalten sogar den „Charakter eines Boykottaufrufs“. Aber dennoch:
Unter Abwägung der betroffenen Interessen sei die damit verbundene Beeinträchtigung des Unternehmens nicht als rechtswidrig zu beurteilen. Das Interesse des Unternehmens am Schutz seines sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen überwiege nicht das Interesse des Rechts des Mitarbeiters auf freie Meinungsäußerung. Auch ein Boykottaufruf könne „dem geistigen Meinungskampf“ dienen, wenn der „Aufrufende sich gegenüber dem Adressaten auf den Versuch geistiger Einflussnahme und Überzeugung, also auf Mittel beschränkt, die den geistigen Kampf der Meinungen gewährleisten“. Dies sei hier der Fall. Der Beklagte habe primär die „Aufklärung und Information der Kunden der Klägerin über die dort vorherrschenden ideologischen Wertvorstellungen und intern bestehenden Strukturen“ bezweckt. Denkbare eigene wirtschaftliche Vorteile hätten demgegenüber nicht im Vordergrund gestanden.
Anmerkung:
Das Recht auf freie Meinungsäußerung ward einst für andere Zwecke erkämpft.