Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.4.2018, Az. 5 AZR 25/17.

Der Fall, wie ihn das BAG in seiner Pressemitteilung wiedergibt:
Die Klägerin ist seit 2013 bei der Beklagten als Zeitungszustellerin beschäftigt. Sie arbeitet mehr als zwei Stunden ausschließlich zur Nachtzeit und stellt die Zeitungen bis spätestens 6.00 Uhr morgens zu. Arbeitsvertraglich vereinbart sind eine Vergütung auf Stücklohnbasis und ein Nachtarbeitszuschlag von 25 % auf den Stücklohn. Tatsächlich zahlte die Beklagte seit dem 1. Januar 2015 den geminderten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 MiLoG. Die Klägerin hat geltend gemacht, § 24 Abs. 2 MiLoG verstoße gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und sei deshalb unwirksam. Sie hat mit ihrer Klage für den Zeitraum Januar 2015 bis April 2016 die Differenz zum vollen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto je Stunde (§ 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG) und einen höheren Nachtarbeitszuschlag verlangt. Dieser müsse nach § 6 Abs. 5 ArbZG auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns berechnet werden und wegen Dauernachtarbeit 30 % betragen.
Die Begründung
Die Zustellerin kann nach § 6 Abs. 5 ArbZG wegen ihrer Dauernachtarbeit einen Zuschlag von 30 % des ihr zustehenden Bruttoarbeitsentgelts beanspruchen. Insoweit ist ihre Revision erfolgreich, im Übrigen ist die Revision dagegen zurück zu verweisen:
Der Zustellerin steht nur der Anspruch auf den abgesenkten Mindestlohn zu. § 24 Abs. 2 MiLoG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber hat die ihm bei zeitlich begrenzten Übergangsvorschriften vom Bundesverfassungsgericht eingeräumte besondere Gestaltungsfreiheit mit der auf drei Jahre begrenzten Sonderregelung des Mindestlohns für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller nicht überschritten.
Anmerkungen
a.
Die Übergangsregelung bildet nur einen Teil der Thematik: Mindestlohn für Zusteller. Beim Mindestlohn für die vielen Zusteller insgesamt handelt es sich um ein - viel diskutiertes - Problem, das vor allem auch in die Existenz der Presse und auch des Qualitätsjournalismus eingreift. Ohne eine angemessene Regelung für die Auftraggeber der Zusteller, zum Beispiel der Verlage, wäre für viele Bürger eine Einnahmequelle in Gefahr. Hoch sind die Einnahmen des einzelnen Zustellers nicht, aber sie helfen, wenn auch unter schwierigen Bedingungen erarbeitet, das Leben zu finanzieren. Und: Die Zeitungen und was sonst alles zugestellt wird kommt nicht, wie gewohnt und gewünscht, in die Haushalte.
b.
§ 24 Abs. 2 MiLoG, also die (verfassungsgemäße) Übergangsregelung, legt fest: „Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller haben ab dem 1. Januar 2015 einen Anspruch auf 75 Prozent und ab dem 1. Januar 2016 auf 85 Prozent des Mindestlohns nach § 1 Absatz 2 Satz 1. Vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 beträgt der Mindestlohn für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller brutto 8,50 Euro je Zeitstunde. Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller im Sinne der Sätze 1 und 2 sind Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt.”