Auch ausgeklügelte Gesetze mit Generalklauseln und unbestimmten Rechtsbegriffen haben ein Verhalten dieser Art nicht voraussehend erfasst, meint der BGH, Urteil vom 19.4.2018, Az. I ZR 154/16. Unerheblich soll sogar sein, dass sich die blockierten Unternehmen freikaufen müssen oder können. Voraussetzung für die Aufnahme in eine „Whitelist” ist außer einer Umsatzbeteiligung, dass es sich um eine „akzeptable Werbung" handelt.

Die Argumente des BGH:
a. Das Angebot des Werbeblockers stellt keine gezielte Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG dar.
b. Eine Verdrängungsabsicht liegt nicht vor. Die Beklagte verfolgt in erster Linie die Beförderung ihres eigenen Wettbewerbs. Sie erzielt Einnahmen, indem sie gegen Entgelt die Möglichkeit der Freischaltung von Werbung durch die Aufnahme in die Whitelist eröffnet. Das Geschäftsmodell der Beklagten setzt demnach die Funktionsfähigkeit der Internetseiten der Klägerin voraus.
c. Die Beklagte wirkt mit dem Angebot des Programms nicht unmittelbar auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen ein. Der Einsatz des Programms liegt in der autonomen Entscheidung der Internetnutzer.
d. Die mittelbare Beeinträchtigung des Angebots der Klägerin ist nicht unlauter:
e. Das Programm unterläuft keine gegen Werbeblocker gerichteten Schutzvorkehrungen des Internetangebots der Klägerin.
f. Auch die Abwägung der Interessen der Betroffenen führt nicht zu dem Ergebnis, dass eine unlautere Behinderung der Klägerin vorliegt.
g. Der Klägerin ist auch mit Blick auf das Grundrecht der Pressefreiheit zumutbar, den vom Einsatz des Programms ausgehenden Beeinträchtigung zu begegnen, indem sie die ihr möglichen Abwehrmaßnahmen ergreift. Dazu gehört etwa das Aussperren von Nutzern, die nicht bereit sind, auf den Einsatz des Werbeblockers zu verzichten. (Anmerkung: Das Urteil liegt noch nicht im Volltext vor. Es scheint sich nicht damit auseinanderzusetzen, dass auch für die Werbung die Pressefreiheit gilt.)
h. Es liegt auch keine allgemeine Marktbehinderung vor, weil keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Geschäftsmodell der Bereitstellung kostenloser Inhalte im Internet zerstört wird.
i. Der Werbeblocker handelt nicht aggressiv geschäftlich nach § 4a UWG gegenüber Unternehmen, die an der Schaltung von Werbung auf den Internetseiten der Klägerin interessiert sind.
j. Die Marktteilnehmer werden nicht unzulässig beeinflusst, weil das Werbeblocker-Unternehmen eine ihr durch das technische Mittel des Werbeblockers zukommende Machtposition jedenfalls nicht in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit der Marktteilnehmer zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.
Anmerkung:
In der Dt. Richterzeitung hat früher einmal ein Richter offenbart: Er entscheidet so, wie er will, „nur in der Begründung wird so getan, als sei das Urteil aus dem Gesetz abgeleitet”. Es gibt weitere Aussagen dieser Art. Der Verf. dieser Zeilen hat zu diesem richterlichen Dezisionismus mehrere Abhandlungen verfasst.