Zu einer Aufgabe, die sich Rechtsanwälten oft, wenn nicht nahezu täglich stellt, gibt ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs eine Anleitung. BGH, Urteil vom 16. Januar 2018 - VI ZR 498/16.

„Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist die Ermittlung ihres objektiven Sinns aus der Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut, der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann, ist bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, zu berücksichtigen. Bei der Erfassung des Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung ausgehend von dem Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers und dem allgemeinen Sprachgebrauch stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (st. Rspr.) ... Fernliegende Bedeutungen sind auszuschließen (BVerfGE 93, 266, 296; BVerfG NJW 2010, 3501 Rn. 22).”
Anmerkung
„Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums” und „Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers” sind Kriterien, die oft für den einen dies und für einen anderen etwas anderes besagen. Das Ergebnis ist der richterliche Dezisionismus; siehe zu ihm links in der Suchfunktion unter „Dezisionismus” und unter „Verkehrsauffassung”. Dort wird dann auch auf Bücher und zahlreiche Abhandlungen des Verf. dieser Zeilen hingewiesen.