Über das am Freitag, 9.2.2018, vom BGH erlassene Urteil Az. V ZR 211/16 wird zwar selbst in den Hauptnachrichten berichtet. Es entspricht jedoch der bisherigen Rechtsprechung zum „nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch”.

Rechtsgrundlage sind §§ 1004 Abs.1, § 906 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches, BGB. Der schädigende Nachbar ist als Störer im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB zu qualifizieren: Auf seinen Willen ist der Schaden mittelbar zurückzuführen. Der Ausgleichsanspruch ist verschuldensunabhängig. Es ist deshalb unerheblich, ob der Handwerker sorgfältig ausgesucht wurde.
Der Fall
Ein Grundstückseigentümer hatte von einem Handwerker sein Haus reparieren lassen. Infolge dieser Arbeiten brannte das Haus ab. Der Brand dehnte sich jedoch auch auf das Nachbarhaus aus.
Tragische Folgen
Das stark beschädigte Haus der Nachbarin war (und ist noch) bei der Klägerin versichert. Die Versicherung hat die Nachbarin entschädigt. Über das Vermögen des zur Zahlung von 97.801,29 € verurteilten Dachdeckers ist das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Die Versicherung verlangte deshalb von den beklagten (inzwischen verstorbenen) Grundstückeigentümern, in deren Haus der Brand ausgebrochen ist, aus übergegangenem Recht nach § 86 Abs. 1 VVG Ersatz. Diese Klage hatte nun Erfolg mit der Begründung: Die Nachbarin darf nachbarrechtlich einen Ausgleich verlangen und dieser nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch ist auf die Versicherung übergegangen. Die verpflichteten Nachbarn sind mittlerweile verstorben. Es haften die Erben mit dem Nachlass.
Anmerkungen
1.
Nach der juristischen Entstehungsgeschichte wird dieser Anspruch auch als „bürgerrechtlicher Aufopferungsanspruch” oder als „nachbarrechtliche Ausgleichsrente” bezeichnet.
2.
Im Mittelpunkt des Nachbarrechts steht für viele Fälle § 906 BGB. Für den hier interessierenden Ausgleichsanspruch ist es § 906 Abs. 2 S.2 analog. Analog deshalb, weil der anspruchsberechtigte Nachbar nicht „dulden” muss, dass sein Haus in Brand gerät. § 906 Abs. 2 S. 2 lässt sich also nicht unmittelbar, wortgetreu, anwenden.
3.
Der Wortlaut des § 906 Abs.2 Satz 2:
(2) ... . Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
4.
Der Anspruch gehört zum juristischen Wissen. Wer ihn in Prüfungen nicht kennt, kann ihn schwerlich entwickeln. Hinweise zur wenig bekannten Problematik, finden Sie links hier auf der Startseite in der Suchfunktion und im Buch: Schweizer, Recht in Garten und Nachbarschaft, 3. Aufl., unter „Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch”.