Das BGH-Urteil vom 6.2.2018 Az. VI ZR 76/17 betrifft zwei Fotos, von denen das eine den Kläger Wulff mit einem gefüllten Einkaufswagen, das zweite den Kläger und seine Ehefrau am Auto zeigte. Das Urteil hält die Publikation für rechtmäßig.

Im Volltext ist das Urteil noch nicht veröffentlicht. Eine Pressemitteilung wurde jedoch heraus gegeben. Sie schließt, wenn sie mit dem Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „Prinzessin Caroline von Monaco” verglichen wird, mit dem Kernsatz:
„Den entgegenstehenden berechtigten Interessen des Klägers kommt demgegenüber kein überwiegendes Gewicht zu (§ 23 Abs. 2 KunstUrhG). Die Fotos weisen keinen eigenständigen Verletzungsgehalt auf, sondern zeigen den Kläger in einer unverfänglichen Alltagssituation und in der Rolle eines fürsorgenden Familienvaters.”
„Fotos in einer unverfänglichen Alltagssituation” haben den EGMR in seiner damals alles verändernden Entscheidung vom 24.6.2004, Beschw. Nr. 59320/00, veranlasst, Caroline von Monaco zuzugestehen, im Alltag von Paparazzi unbehelligt zu bleiben. Der Alltagssituation (Foto) hat der EGMR entgegengestellt, „inwieweit die veröffentlichten Fotos zu einer Debatte beitragen, für die ein Allgemeininteresse geltend gemacht werden kann”. An diesem mittlerweile im Presserecht berühmten Kriterium hält der EGMR stets fest.


Dem BGH ist das zitierte Kriterium selbstverständlich sehr gut bekannt. Die erwähnte Pressemitteilung von vorgestern lässt erkennen, dass der BGH auf die Person Wulff in der Begründung seines Urteils vom 6.2.2018 eingehen und abwägen wird. Ob der EGMR das Kriterium „Debatte, für die ein Allgemeininteresse geltend gemacht werden kann” abhandeln und stärker gewichten würde, lässt sich nicht sicher vorher sagen. Der Verf. dieser Zeilen, der an der Verhandlung am 24. April 2004 in Straßburg teilgenommen hat, vermutet, dass der EGMR das BGH-Urteil am 24.6.2004 aufgehoben hätte, heute jedoch trotz derselben Kriterien nicht aufheben würde. Der EGMR neigt mittlerweile anscheinend dazu, nach den zitierten Kriterien etwas pressefreundlicher abzuwägen, nachdem sein Urteil vom 24.4.2004 damals doch verhältnismäßig stark kritisiert worden ist.