Man kann nur noch heulen oder lachen. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat selbst das Bundesverfassungsgericht mit hinein gerissen.

Gestern hatten wir an dieser Stelle hoffnungsfroh über eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum elektronischen Anwaltspostfach berichtet, nämlich: für Anwälte besteht eine passive Nutzungspflicht. Diese Entscheidung ist ein Schlag ins Wasser! Die passive Nutzungspflicht besteht nach wie vor nicht.
Der neueste Spiegel berichtet, was auch die Bundesrechtsanwaltskammer soeben den Rechtsanwälten bekannt geben musste: "Die BRAK hat Kontakt zum Bundesjustizministerium aufgenommen und befindet sich in Gesprächen zur passiven Nutzungspflicht. Was die ab 1. Januar 2018 eintretende passive Nutzungspflicht der Anwälte betrifft, bedeutet dies, dass diese Nutzungspflicht, solange das beA vom Netz ist, nicht erfüllt werden kann."
Ganz besonders peinlich und verwerflich ist, wie sich die BRAK heraus redet. Sie will ihre eigene Katastrophe positiv darstellen. Auf ihrer Homepage erklärt sie gegenwärtig „fürsorglich”: https://www.bea-brak.de. „beA muss vorerst offline bleiben – Sicherheit und Datenschutz haben Priorität“. Im Jahre 2015 (!) hatte sich die BRAK, als sie schon damals den fix zugesagten Termin nicht einhielt, damit heraus geredet, sie wolle das Anwaltspostfach noch nutzerfreundlicher gestalten.
Schon damals wäre es angebracht gewesen, sich bei den irre geführten Rechtsanwälten zu entschuldigen.
Der Bericht des Spiegel über die Blamage ist viel zu harmlos und desinformiert. Dem Spiegel war offenkundig unbekannt, was wir an dieser Stelle bereits am 10. Juni 2016 (sic!) als Blamage der BRAK melden mussten: (Hervorhebungen von uns)
„Die Bundesrechtsanwaltskammer schafft es nicht: wieder eine Panne beim elektronischen Anwaltspostfach
In den Mitteilungen der Rechtsanwaltskammern hatte es vor allem schon im letzten Quartal 2015 geheißen: „Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) wird die Bundesrechtsanwaltskammer gem. § 31a BRAO zum 1.1.2016 für jede Rechtsanwältin und jeden Rechtsanwalt einrichten.” Die Bundesrechtsanwaltskammer hat sich als Pionier gefeiert. Die (Zwangs-)Mitglieder der Kammern wurden in Eilerklärungen aufgefordert, sich schnell schulen zu lassen und ab 1.1.2016 pflichtgemäß mit dem beA zu agieren. Hektik brach in Kanzleien aus, zumal die Kanzleien für Post mit dem beA nach Ansicht der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) empfangsbereit zu sein hatten. Kurse wurden besucht. Am 28. November 2015 mussten wir dann an dieser Stelle melden, die BRAK habe in einer Eilmitteilung, ohne sich zu entschuldigen, den Termin „wegen nicht ausreichender Qualität in Bezug auf die Nutzerfreundlichkeit” aufgehoben. Der neue Termin - 29.9.2016 - kann nun ebenfalls nicht eingehalten werden, auch wenn es in den heute eingegangenen Mitteilungen des Münchener Anwaltvereins noch heißt: „Das besondere elektronische Anwaltspostfach wird ab 29. September 2016 für alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte zur Verfügung stehen”. Der Grund: Das von der BRAK in Auftrag gegebene technische System erlaubt nicht, die Empfangsbereitschaft der Postfächer einzeln zu steuern. Deshalb sind nun einstweilige Verfügungen gegen die BRAK erlassen worden. Anmerkung: Die BRAK wurde mit dem 2013 (sic !) verabschiedeten Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten verpflichtet, für alle in der Bundesrepublik zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach einzurichten. Das weitere technische Problem, das nun zu den - von Anwälten beantragten - einstweiligen Verfügungen geführt hat, ist seit längerem bekannt. Der AnwaltVerein erklärt in einer Sonder-Depesche von heute, 10.6.: „Aus Sicht des DAV kommen die Entscheidungen nicht überraschend”. Nun rufen Anwaltsorganisationen, die doch sonst mit Recht und mit Erfolg zum allgemeinen Wohle auf ihre Selbstverwaltung und die Freiheit der einzelnen Rechtsanwälte pochen, nach dem Gesetzgeber (was sie sensitiv und weitblickend schon vor der Verabschiedung des Gesetzes mit Lobby-Arbeit hätten tun dürfen).”