Unser Beitrag vom vergangenen Jahr gilt unverändert:

Eindeutig erwiesen ist nicht, dass der Augustiner-Mönch und Theologieprofessor Martin Luther seine 95 Thesen (in lateinischer Sprache) an die Tür der Schlosskirche angeschlagen hat. Das wohl stärkste Pro-Argument ist neben der Tatsache der Legendenbildung, dass Luthers Sekretär Georg Rörer 1540 oder 1544 in einer Bearbeitung zum Neuen Testament notiert hat: „Am Vorabend des Allerheiligenfestes des Herrn im Jahre 1517 sind von Doktor Martin Luther Thesen über den Ablass an die Türen der Wittenberger Kirchen angeschlagen worden.“
Die 95 Thesen finden Sie vollständig über die Suchmaschinen direkt mit dem Suchwort „ 95 Thesen”.
In diesen Thesen griff Luther aus seiner Sicht - auf Grundlage der Bibel - umfassend die damals vorherrschende Ansicht an, eine Erlösung von der Sünde sei durch einen Ablass in Form einer Geldzahlung möglich. These 50-51 (übersetzt):
„Wenn der Papst die Erpressungsmethoden der Ablassprediger kennen würde, würde er davon nicht den Petersdom in Rom bauen lassen.” Derart wirkungsvoll war dieser Angriff aus einer Reihe von Gründen.
1. Er entsprach dem Interesse der Landesfürsten, wie dem Landesherrn von Luther, Kurfürst Friedrich III. von Sachsen. Die Landesherrn mussten daran interessiert sein, dass nicht weiterhin in großem Ausmaß Gelder nach Rom abfließen.
2. Insgesamt herrschten in der Kirche Missstände. Die kirchlichen Würdenträger wurden aus guten Gründen der allgemeinen Korruption verdächtigt.
3. Und nicht zuletzt: Generell lagen die sozialen und politischen Lebensverhältnisse völlig im Argen.
In der Wissenschaft wird übrigens die Ansicht vertreten, dass Luthers Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation” für die Einleitung der Reformation von noch größerer Bedeutung gewesen ist als die 95 Thesen.