Betroffene Online-Unternehmen können nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs nicht in jedem Fall im Land ihres Firmensitzes auf Schadenersatz klagen; Urteil vom 17.10.2017, Az.: C-194/16. Ist das Unternehmen hauptsächlich in einem anderen EU-Staat tätig, muss es dort klagen. Die Gerichte im Mitgliedstaat der hauptsächlichen Geschäftstätigkeit können am besten beurteilen, ob und in welchem Umfang geschädigt worden ist und noch wird.

Anmerkungen
1.
Der Fall erscheint erst auf den zweiten Blick berichtenswert. Die schwedische Svensk Handel hatte auf ihrer Website eine schwarze Liste geführt und dort die Bolagsupplysningen aus Estland des Betrugs und der Gaunerei bezichtigt. Nahezu 1000 Kommentare folgten auf der Website, darunter direkte Aufrufe zur Gewalt gegen das estnische Unternehmen und seine Mitarbeiter. Das Geschäft der estnischen Firma brach in Schweden ein. Es, das estnische Internet-Unternehmen, blieb vor estnischen Gerichten erfolglos. Begründung: Ein Schaden sei nicht in Estland, sondern in Schweden entstanden. Auch die Kommentare seien alle auf Schwedisch gewesen.
2.
Das Rechtsproblem
a. Maßgeblich ist Art. 7 Nr. 2 der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungs-Verordnung ("Brüssel I-Verordnung", EuGVVO). Die Vorschrift erlaubt es, den Beklagten bei einer unerlaubten Handlung nicht nur in dem Mitgliedstaat zu verklagen, in dem dieser seinen Wohn- oder Gesellschaftssitz hat, sondern auch vor den Gerichten des Ortes, "an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht".
b. "Ort des schädigenden Ereignisses" ist, genau genommen, sowohl der Ort des ursächlichen Geschehens als auch der Erfolgsort, d.h. der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs. Der Handlungsort lag mit der Veröffentlichung der Informationen auf der Webseite eindeutig in Schweden. Ob sich eine Zuständigkeit der Gerichte am Sitz der Bolagsupplysningen in Estland konstruieren ließ, war hingegen streitig.
3.
Prof. Härting kommentiert:
„Der EuGH setzt mit seiner Entscheidung seine Rechtsprechung zur Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet konsequent fort. Bereits vor einigen Jahren hatten die Europa-Richter mit dem Kriterium des "Mittelpunkts der Interessen" die Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts in Bezug auf eine natürliche Person bejaht (Urt. v. 25.10.2011, eDate Advertising u. a., Az. C-509/09 und C-161/10).”