Der Bundesgerichtshof urteilt enger als viele Markeninhaber annehmen werden. Wer seine Marke modernisiert, kann sich schaden. So in einem gestern bekannt gegebenen Urteil Az. I ZB 6/16 vom 11. Mai 2017 mit diesem Leitsatz 2:

Erkennt der Verkehr das mit Zusätzen verwendete Markenwort (hier: Dorzo-Vision®) nicht mehr als eigenständiges Produktkennzeichen (hier: Dorzo), verändert die Abweichung grundsätzlich den kennzeichnenden Charakter der Marke, so dass von einer rechtserhaltenden Benutzung nach § 26 Abs. 3 Satz 1 MarkenG nicht ausgegangen werden kann.

Anmerkung
Die gesamte Urteilsbegründung ist dadurch gekennzeichnet, dass sich das Gericht offenkundig bemüht zu dokumentieren, dass die Marke „Dorzo” durch keinen Zusatz oder sonst etwas benutzt wurde. So führt der BGH aus:
Das Bundespatentgericht hat zudem seine Ansicht, dass die Produktbe-zeichnungen "Dorzo-Vision®" und "DorzoComp-Vision®" als einheitliches Kennzeichen wahrgenommen werden, auf weitere Umstände gestützt. Das Bundespatentgericht hat zu Recht den Umstand berücksichtigt, dass das hoch-gestellte "®" nicht hinter der Widerspruchsmarke "Dorzo", sondern hinter den Bezeichnungen "Dorzo-Vision" und "DorzoComp-Vision" angebracht ist. Dies weist auf eine einheitliche Kennzeichnung hin und spricht gegen die Annahme von zwei Zeichen. Der Verkehr entnimmt der Beifügung des Zusatzes "®" zu einem Zeichen regelmäßig den Hinweis, dass es eine Marke genau diesen Inhalts gibt (vgl. BGH ...). Schließlich hat das Bundespatentgericht ohne Rechtsfehler die wechselseitige Bezugnahme der beiden Bestandteile "Dorzo" und "Vision" in begrifflicher Hinsicht in seine Beurteilung einbezogen. Danach deutet "Dorzo" auf die Wirkstoffbezeichnung "Dorzolamid" hin, was sich nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts wegen der erläuternden Angaben auf der Ver-packung [sic!] auch dem allgemeinen Publikum erschließt, und der englische Begriff "Vision" für "Sicht", "Sehkraft" und "Sehvermögen" auf den Anwendungsbereich.
Anmerkung
Wie stets im Markenrecht (und auch anderen Rechtsgebieten): Wenn Ihr Mandant verzweifelt, müssen Sie sich dem Schicksal nicht beugen. Der BGH stellt (zutreffend) auf die Verkehrsauffassung ab. Er urteilt jedoch nur danach, wie er die Verkehrsauffassung einschätzt. Zur Lösung siehe links in der Suchfunktion: „Verkehrsauffassung” oder „richterlicher Dezisionismus”. Es stellen sich dann auch neue Fragen: Wie verhält es sich zum Beispiel, wenn 40 % eine einheitliche Kennzeichnung annehmen, 40 % nicht und 20 % unentschlossen sind?